Im Havelland sind die Gärten der Einfamilienhäuser in der Regel großzügig dimensioniert. Hier bleibt neben dem englischen Rasen, der Terrasse, dem Grill, dem Teich und dem Carport oft noch ein wenig Platz übrig. Vielleicht – für einen eigenen Hühnerstall? Elias Spalik ist 18 Jahre alt und hat bereits ein eigenes Business auf die Beine gestellt: Er vermietet wochenweise Hühner und zwar zusammen mit dem Stall.
So können Familien in aller Ruhe testen, ob die Eier legenden Vögel wohl tatsächlich eine Bereicherung für den eigenen Garten sind. Das Konzept wird im Web unter www.huhn-to-go.com genau vorgestellt. Tolle Sache: Anfang Mai kommen die Miethühner zum allerersten Mal nach Falkensee.
Elias Spalik, können Sie uns etwas über sich erzählen?
Elias Spalik: „Hallo, ich bin Elias Spalik. Ich bin 18 Jahre alt und komme aus Klötze, das liegt im Norden von Sachsen-Anhalt. ‚Gegründet‘ habe ich mein Unternehmen schon mit 16 Jahren. Es hatte sich so entwickelt. Ich wollte den Menschen die Natur und das Lebewesen ‚Huhn‘ wieder näher bringen. Was ich in den vergangenen Jahren festgestellt habe, ist, dass die Massentierhaltung oder zumindest eine nicht artgerechte Haltung der Hühner vielerorts den Markt bestimmen. Aber jeder kann etwas dagegen tun. Mit ‚Huhn to Go‘ möchte ich Menschen für diese Tiere begeistern und diesen Trend ändern.“
Wo und wie kam es erstmals zum Kontakt zu Hühnern? Was fasziniert Sie so an diesen Tieren?
Elias Spalik: „Hühner habe ich durch meinen Opa kennengelernt. Er hat mich sozusagen an die Tiere herangeführt. Es war toll und spannend, seine Hühner zu streicheln und sie zu beobachten. Aber er hat mir beigebracht, dass Hühner auch Arbeit bedeuten. Das Stallausmisten gehört eben mit dazu. Opa hat mir viele Tricks beigebracht und das macht er auch heute noch.
Die Faszination liegt für mich in den Tieren selbst. Ich konnte schnell sehen, was für viele verschiedene Charaktere es gibt – ganz zurückhaltende und auch sehr dominante Tiere. Auch die verschiedenen Rassen und Farben sind toll. Die unglaubliche Vielfalt, die es gibt, ist etwas Besonderes!
Natürlich sind auch die Eier etwas Tolles – welches Haustier sieht hübsch aus und hat nebenbei noch einen so praktischen Nutzen?“
Wie viele Hühner besitzen Sie selbst, haben sie Namen, sind sie zahm, wie ist eigentlich die Lebenserwartung eines Huhns?
Elias Spalik: „Als ich bei Opa mit den Hühnern zu tun hatte, kam bei mir schnell der Wunsch nach eigenen Hühnern auf. Ja, es war schön, mit Opas Hühnern etwas zu unternehmen, aber eigene Hühnchen, das wäre schon etwas ganz anderes. Der Entschluss war schnell geschlossen, aber ich musste dann doch noch etwas bei meinen Eltern betteln.
Zum Osterfest 2017 durfte ich mir eigene Tiere anschaffen. Nach einigem Suchen hatten wir auch tatsächlich einen Züchter in der Gegend gefunden. Er konnte mir wirklich Hühner beschaffen – und dann auch noch als Küken! Das war ja noch schöner. Heute sind Kalle, Lotte, Betty und Co. längst Teil der Familie.
Was ich zuerst nicht wusste. Aus meinen kleinen Federknäulen würden sich echte Zwerghühner entwickeln. Die niedlichen kleinen Tierchen sind fest in unseren Alltag integriert und sie dürfen auch manchmal mit in den Garten. Die Erfahrungen, die ich so sammeln konnte, kann und möchte ich jetzt weitergeben.
An und für sich werden Hühner etwa 6 bis 8 Jahre alt. Aber ich hoffe natürlich, dass unsere sechs Mitbewohner noch lange durchhalten werden.
Zu ‚Huhn to Go‘ gehören im Moment ein Dutzend Hühner, die in Vierergruppen unterwegs sind. Wenn nach der Mietzeit der Wunsch der Kunden nach eigenen Hühnern groß wird, helfe ich gerne. Wir bieten mittlerweile auch eine Beratung an. So können wir unsere Kenntnisse weitergeben. Vom Stallbau bis hin zur Rassewahl stehen wir immer gerne zur Seite.“
Haben Sie Ihren mobilen Hühnerstall selbst geplant? Was war bei der Umsetzung wichtig?
Elias Spalik: „Den mobilen Hühnerstall habe ich komplett allein entworfen und auch gebaut. Im Netz findet man eine Vielzahl von Ställen, aber ich kann sagen, dass der Großteil davon nichts taugt. Auf den ersten Blick wirken sie gut – billig und hübsch anzuschauen. Doch schaut man genauer hin, so findet man viele Schwachstellen und das Schnäppchen wird zur Kostenfalle: Schlechte Verarbeitung, viel zu dünnes Holz. Dies wollte ich umgehen, also griff ich einfach selbst zum Schrauber. Unsere Ställe sind perfekt an die Bedürfnisse von uns und auch von unseren Kunden angepasst. Sie sind leicht, gut im Anhänger zu transportieren und passen super durch die Gartentore. Das war uns wichtig und das wird auch von den Kunden geschätzt. Wir hatten zum Beispiel schon eine Anfrage für einen Stall, die aus Frankreich kam. Dass ich schon so weit weg bekannt bin, finde ich super!“
Wer mietet eigentlich die Hühner?
Elias Spalik: „Unsere Kunden sind vor allem Familien mit Kindern. Sie mieten die Hühner sozusagen für einen ersten Test, ob die Hühnerhaltung wirklich in das Familienleben passt. Die Kinder lernen so den Umgang mit den Tieren und auch, wo die Eier herkommen. Sie holen sich quasi das Landleben in den heimischen Garten.
Aber auch Einrichtungen wie Pflegeheime oder Kindertagesstätten zählen zu unseren Kunden. Hier werden dann rund um die Hühner ganze Projekttage mit Backen und Basteln vorbereitet. Wenn wir die Hühner nach der Mietzeit abholen, werden uns immer tolle Geschichten erzählt. Uns werden sogar Bilder, Plakate und kleine Geschichten präsentiert, die die Kinder gebastelt haben.
Aber wir hören auch von den Erlebnissen, die zum Beispiel Ältere hatten. Das ist immer eine tolle Rückmeldung. Eine Geschichte ist mir hierbei besonders in Erinnerung geblieben. Eine Pflegerin aus einem Altenheim berichtete uns von einer Frau, die in sich gekehrt, allein und sehr still war. Die Pfleger setzten sie vor das Gehege mit den Hühnern und nur kurze Zeit später fing die Frau an, von früher zu erzählen. Dies bestätigt mich, an meiner Idee festzuhalten. Die Therapiewirkung von den Hühnern ist nicht zu unterschätzen. Ein Großteil der Bewohner hatte früher selber mal Hühner und da sind natürlich noch viele Erinnerungen vorhanden.“
Legen die Hühner auch Eier? Ist beim Einsammeln etwas zu beachten?
Elias Spalik: „Ja klar! Darum geht es ja schließlich. Das Tolle an den Hühnern ist, dass sie nicht nur schön aussehen, sondern auch noch Eier legen. Bei unseren Damen haben wir darauf geachtet, dass nicht nur das Gehege toll aussieht, sondern auch das Nest. Unsere Miet-Hühner legen ganz unterschiedliche Eier. Braune, weiße und schokobraune. Das ist immer eine tolle Überraschung – fast wie Ostern. Die warmen Eier vorsichtig aus dem Nest zu nehmen, ist gerade für Kinder ganz besonders. Viele kennen das ja nicht und das möchte ich ändern. Unser Stall hat hinten einen Legekasten, in dem die Tiere tagsüber gemütlich die Eier legen. Am Nachmittag geht es dann ans Einsammeln!“
Woraus besteht Ihr Setting? Was bekomme ich, wenn ich Ihr Angebot annehme?
Elias Spalik: „Wir liefern den Mietern das Komplettpaket. Die Mieter selbst brauchen sich also um nichts weiter zu kümmern. Und genau das war uns auch wichtig. So unkompliziert wie möglich sollte es für die Mieter sein. Es wird lediglich eine Rasenfläche von ca. 25 Quadratmetern benötigt. Den Rest bringen wir mit. Dazu gehört zum einen der Stall, aber auch ein Steckzaun und ein Futter- bzw. Wasserautomat. Zudem liefern wir Futter für die gesamte Mietzeit mit und auch zwei Paletten, die die Hühnchen vor Regen und Sonne schützen. Aber natürlich ist auch das Wichtigste dabei – die Hühner selbst! Vor Ort geben wir dann eine ausführliche Einweisung mit allen Tipps und Tricks und teilen eine Anleitung aus. Sollten Probleme oder Fragen auftreten, stehen wir den angehenden Hühnerhaltern rund um die Uhr mit unserer Expertise zur Verfügung. Wir lassen niemanden allein.“
Gibt es einen besonderen Tag, an dem die Hühner auf Reisen gehen?
Elias Spalik: „Aktuell besitzen wir drei Teams mit Hühnern. Für den Raum Berlin haben wir extra eine neue Gruppe angeschafft. Da ich noch in der Schule bin, liefern wir immer am Samstag aus. So eine Auslieferung der Gruppen kann schon mal den ganzen Tag in Anspruch nehmen. Es macht zwar immer viel Spaß, den Sonnabend unterwegs zu sein und viel zu sehen, aber es ist eben auch echte Arbeit. Wir geben uns immer Mühe, dass die Mieter die Hühner nach der ersten Anfrage auch schnell geliefert bekommen.“
Ist es für die Tiere nicht verstörend, wenn ihre Umgebung ständig wechselt? Haben Sie keine Angst vor Misshandlungen, dem Fuchs oder vor Krankheiten?
Elias Spalik: „Bei der Frage muss ich tatsächlich immer schmunzeln und eine Gegenfrage stellen: Glauben Sie, dass ein staubtrockener Hühnerhof ohne jeglichen Grashalm besser für die Tiere ist? Ich denke nicht. Ich sehe immer viele Hühnerhöfe auf den Dörfern – und da wächst nach einiger Zeit gar nichts mehr. Bei uns ist das ja anders. Es ist sogar richtiger Luxus für die Tiere. Sie bekommen immer neues und frisches Gras – und fürsorgliches Pflegepersonal. Außerdem achten wir darauf, dass die Fahrtzeiten nicht zu lang sind für die Tiere. Die Mietzeiten an sich dauern mindestens ein bis zwei Wochen. Der Stress wird bei uns möglichst umgangen. Die Hühner sind in festen Gruppen mit festen sozialen Hierarchien (ja, die gibt es), sodass nicht jeder Hühnerhaufen immer wieder komplett neu zusammengewürfelt wird. Es gibt also eine Vielzahl von Faktoren, mit denen wir versuchen, bei den Tieren Stress zu vermeiden. Und wenn man bedenkt, dass sogar auf der Fahrt Eier gelegt werden, denke ich, dass das ganz gut klappt.
Angst vor Krankheiten habe ich weniger. Unsere Tiere sind alle ordnungsgemäß geimpft und angemeldet. Ich denke, dass jeder Mieter ein Grundgefühl für den Umgang mit den Hühnern hat. Da achte ich schon beim ersten Kontakt drauf. Klar ist es für viele neu, Hühner zu haben – aber durch unsere Einweisung und Tipps kann ich vielen die Angst nehmen.
Ich muss auch sagen, dass Hühner nicht die kompliziertesten Mitbewohner sind. Die wissen, wann sie abends ins Häuschen reingehen müssen. Dank unserer automatischen Hühnertür wird den Mietern ein Großteil der Arbeit schon abgenommen. Auch Fressfeinde wie den Fuchs umgeht man so größtenteils. Ich kann es nie ausschließen, aber bisher ging (Gott sei Dank) immer alles gut.“
Küken to Grow ist ein neues Projekt. Worum geht es dabei?
Elias Spalik: „Ja genau, ‚Küken to Grow‘ ist ein weiteres Projekt von mir. Hierbei mietet man keine ausgewachsenen Hühner, sondern erhält stattdessen einen Brutapparat mit Eiern und allem Zubehör. So kann man den Prozess vom Ei zum geschlüpften Küken hautnah miterleben. Das ist gerade für Kinder toll. Sie erleben, welche Verantwortung es bedeutet, Tiere aufzuziehen. Oft hören wir, dass die Kunden dieses Angebot als Einstieg für die spätere Hühnerhaltung nutzen. Aber das ist nicht zwingend notwendig. Gerne nehmen wir die Küken nach dem erfolgreichen Schlupf auch wieder zurück. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass Küken super niedlich sind, aber auch Arbeit machen. Es lohnt sich auf jeden Fall, diese Erfahrung mitzumachen. ‚Küken to Grow‘ soll einfach möglichst viele Leute für die Hühner begeistern!“
Sie sind 18 Jahre alt, Gymnasiast. Wie geht es nach dem Abitur weiter mit den Hühnern? Ist das der Start in ein globales Hühner-Business?
Elias Spalik: „Ich hoffe es doch. Wenn man bedenkt, dass ich mal mit einem einzelnen Hühnerwagen angefangen habe und jetzt schon bei dreien stehe, dann habe ich mich ja bereits etwas vergrößert. Der Schritt nach Berlin soll das jetzt fortführen. Ich bin auf jeden Fall noch begeistert und möchte nach wie vor so viele Menschen wie möglich erreichen. All die Erfahrungen, die ich machen konnte, die Geschichten, die ich gehört habe, dafür lohnt es sich, das alles zu machen. Eigene Hühner zu halten und eigene Eier aus den Nestern zu nehmen, das ist etwas Besonderes, was einem der Griff ins Eierregal im Supermarkt nicht geben kann.“
Familie Köhler aus Falkensee freut sich auf frisch gelegte Eier
Claudia und René Köhler aus Falkensee sind der Grund, warum Elias Spalik Anfang Mai einen weiteren Hühnerstall auf den Hänger festzurrt und mit vier Hühnern im Gepäck von Sachsen-Anhalt nach Brandenburg fährt. Die Falkenseer Familie holt sich für zwei Wochen die Miethühner in den eigenen Garten.
Claudia Köhler: „Wir sind eine Großfamilie mit vier Kindern im Alter von 2, 5, 12 und 18 Jahren. Wir finden es eine schöne Idee, das mit den Miethühnern einmal auszuprobieren. Eine Mama aus der Kita hat uns bereits im letzten Jahr davon erzählt. Wir waren gleich Feuer und Flamme, konnten das aber erst in diesem Jahr umsetzen.“
Zwei Wochen eigene Hühner im Garten zu haben, das kostet die Familie um die 180 Euro. Doch die Investition sei es wert, so Claudia Köhler: „Uns ist es sehr wichtig, dass unsere Kinder wissen, wo unser Essen herkommt. Wir möchten Ihnen Wertschätzung für die Lebensmittel vermitteln. Wir denken, es wird ein ganz tolles Erlebnis werden, wenn die Kinder die Hühner versorgen und jeden Tag selbst die frisch gelegten Eier für das Frühstück einsammeln können.“ (Text: CS / Fotos: Elias Spalik)
Dieser Artikel stammt aus „FALKENSEE.aktuell – Unser Havelland“ Ausgabe 170 (5/2020).
Der Beitrag Huhn to go: Diese Hühner kann man mieten – und sie kommen nach Falkensee! erschien zuerst auf FALKENSEE.aktuell.