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Channel: Seite 1710 – Unser Havelland (Falkensee aktuell)
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Ärger am See: Jugendliche Outdoor-Parties werden in Falkensee zu öffentlichem Ärgernis!

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Andreas Maul ist nicht begeistert. Er wohnt mit seiner Frau Simone direkt am Neuen See in Falkensee. Zu den Dünen und zum Badestrand muss er nicht weit laufen. Die Nähe zum See wird ihm aber in letzter Zeit zunehmend verleidet: Seit Wochen finden vor Ort Abend für Abend ausschweifende Parties statt. Oft finden sich hier im ländlichen Idyll weit über hundert Jugendliche ein, um bis spät in die Nacht im Freien extrem lautstark Musik zu hören und jede Menge Alkohol zu trinken.

Letzteres lässt sich auch an den Müllbergen ablesen, die am Morgen im Gras von der vergangenen Nacht künden.

Andreas Maul: „Bei gutem Wetter sind die jeden Tag da, auch in der Woche. Mit dem Ende des Corona-Lockdowns ist es komplett eskaliert. Am frühen Abend laufen die schon unsere Straße hinauf und schieben ganze Einkaufswagen in den Wald, die bis oben hin mit Alkoholflaschen der harten Sorte gefüllt sind. Wir finden auch immer wieder leere Marihuana-Drogentütchen an den Stellen, wo gefeiert wird. Was uns neben dem Lärm besonders ärgert, ist der riesige Haufen Müll, der einfach in der Natur zurückgelassen wird.“

Der Lärm ist auch nicht ohne. Mit mobilen Boxen können die Jugendlichen richtig viel Dezibel-Druck machen. Andreas Maul: „Ich mag die Musik nicht. Außerdem ist sie so laut, dass an einen normalen Schlaf einfach nicht mehr zu denken ist. Ich muss in der Woche morgens um fünf aus dem Bett. Oft brechen die Jugendlichen morgens um zwei oder drei auf, um nach Hause zu gehen. Dann laufen sie wieder durch unsere Straße – und haben dabei ihre mobilen Boxen weiterhin auf voller Lautstärke mit dabei.“

Andreas Maul, der als „DJ Andy & friends“ selbst gern laute Musik auf Festen und Feiern durch das Mischpult in die Boxen treibt, hat für die Jugendlichen durchaus Verständnis: „Wo sollen sie auch hin, es gibt ja nichts. Früher hatten wir ja wenigstens noch das Schrääg rüber im Ort, da konnten Jung und Alt zusammen feiern.“

Auch sonst gibt es kaum noch eine Alternative. Der ASB hat gerade erst verkündet, eine „Neuausrichtung der Jugendarbeit“ in Falkensee vorzunehmen. Im Zuge dieser Neuausrichtung, die eher einer Abkehr gleichkommt, werden die beiden Falkenseer Jugendclubs „Alte Post“ (Finkenkrug) und „Die Brücke“ (Falkenhorst) zum Ende des Jahres geschlossen. Eine Alternative ist noch nicht in Sicht. Zumindest an der „Alten Post“ ist sie auch kaum vorstellbar, da das Gebäude dem ASB gehört.

„So schlimm wie jetzt waren die Parties noch nie“, klagt Andreas Maul. Und so nutzte er vor den Sommerferien die letzte Stadtverordnetenversammlung in Falkensee, um im Rahmen der Bürgersprechstunde öffentlich auf den Missstand aufmerksam zu machen.

Bürgermeister Heiko Müller: „Wir wissen um den Umstand, dass sich am See und zunehmend auch in den Dünen Jugendliche treffen, um exzessiv zu feiern. Am Wochenende lassen wir das Areal vom Sicherheitsdienst bestreifen, den wir engagiert haben. Ein Problem ist, dass das Gelände an den Dünen und die Dünen selbst nicht der Stadt gehört, das ist Privatbesitz. Das Eigentumsrecht schränkt ein mögliches Eingreifen deutlich ein. Ein Problem ist auch, dass es nicht verboten ist, sich dort aufzuhalten. Es ist auch nicht verboten, Alkohol mit dabei zu haben oder sich hier mit den Freunden zu treffen. Es gibt auch keine Gruppenbeschränkung. Kommt das Ordnungsamt und schaut nach dem Rechten, dann halten alle plötzlich den Mindestabstand ein, sodass wir auch über diese Corona-Regelung keine Handhabe haben. Es gibt ja auch keine Beleuchtung vor Ort. Im Zweifelsfall verschwindet die halbe Gruppe plötzlich im dunklen Wald, sodass niemand mehr greifbar ist. Ich kann auch mit vier Leuten vom Ordnungsamt nicht eine wild feiernde Gruppe mit über hundert Jugendlichen auflösen lassen, das wäre sehr gefährlich. Da reicht auch die lokale Polizei nicht aus. Da bräuchten wir schon eine halbe Hundertschaft.“

Der Bürgermeister sieht die Entwicklung mit großer Sorge: „Wir haben diese Hotspots mit feiernden Jugendlichen im kleinen Rahmen ja auch am Scheinwerferberg und am Skaterplatz. Ein großer Hotspot war zuletzt auch immer das Campusgelände an der neuen Stadthalle. Da kommt es auch zu Gewalttaten. Mit einem Vater, der dort verprügelt wurde, weil er seinem bedrängten Sohn beistehen wollte, habe ich zuletzt anderthalb Stunden lang in meinem Büro gesprochen. Auf dem Campusplatz werden auch immer wieder viele Flaschen zerschlagen. Aus diesem Grund lassen wir den Platz vor Schulanfang aufräumen und bereinigen, damit die Schüler nicht über die Glasscherben laufen müssen.“

Fakt ist: Vor allem am Neuen See treffen gleich mehrere Gruppen Jugendlicher aufeinander. Andreas Maul: „Ich weiß, dass es sich bei den Jugendlichen in den Dünen vor allem um Spandauer handelt, die ihre Feiern nach Falkensee verlagert haben.“

Was nicht bedeutet, dass die Falkenseer Jugendlichen selbst nicht auch feiern würden. Bürgermeister Heiko Müller: „Massive Probleme hatten wir in diesem Jahr bereits mit einer Abifeier am See. Da wurden mutwillig viele Schilder zerstört.“

Daniel König (15, Name geändert) kommt ebenfalls aus Falkensee. Er gehört zu denen, die fast jeden Abend am See Party machen. Er erzählt: „Es gibt durchaus Stress zwischen den verschiedenen Gruppen, deswegen geht man sich lieber aus dem Weg. Wir haben tiefer im Wald einen eigenen Treffpunkt, hier machen wir Party. Vor Ort haben wir Sofas, Stühle und alles, was wir brauchen, hingeschleppt. Wir hören laut Musik und trinken viel Alkohol. Das ist dann wie auf einem Festival, nur eben im Wald. Meine Mutter hat sich schon gewundert, dass ich mitten in der Nacht sturzbetrunken nach Hause komme, aber so ist es nun mal. Was sollen wir denn auch sonst machen? Da kann es durchaus schon einmal passieren, dass wir nachts betrunken durch den Falkenhagener See schwimmen, um uns die Tretboote vom Italiener auszuborgen.“

Für den Bürgermeister ist es auch ein Unding, dass im Wald so offen geraucht wird: „Das Rauchverbot wird ganz oft nicht eingehalten, dabei gilt es im Wald das ganze Jahr über – ganz egal, ob es gerade regnet oder ob die Sonne scheint. Wir haben ja im letzten Jahr gesehen, wie verheerend Waldbrände sein können. Wenn so ein Brand bei uns am See ausbricht, dann hatten wir einmal ein Naherholungsgebiet. Da Schilder mit einem durchgestrichenen Streichholz niemanden abhalten, haben wir jetzt neue Schilder mit einer durchgestrichenen Zigarette montiert.“

Zumindest bei den Jugendlichen auf dem Campusplatz gibt es inzwischen einen neuen Ansatz. Hier würde die Stadt gern die Platznutzung so umwidmen, dass ein Alkoholverbot vor Ort ausgesprochen und durchgesetzt werden kann. Das lässt sich im Wald so leider nicht umsetzen. Bürgermeister Heiko Müller: „Hier werden wir uns aber demnächst mit der Polizei, dem Ordnungsamt und dem Wachschutz zusammensetzen, um nach passenden Lösungen zu suchen.“

Andreas Maul würde es freuen, wenn es am See demnächst ruhiger werden würde: „Auf dem Campusplatz wurde ein Bürger ins Krankenhaus geprügelt, am See wurde bereits scharf geschossen. Es wird Zeit, dass wir diese Treffpunkte in den Griff bekommen, bevor wirklich etwas Schlimmes passiert.“ (Text / Fotos: CS)

Dieser Artikel stammt aus „FALKENSEE.aktuell – Unser Havelland“ Ausgabe 173 (8/2020).

Der Beitrag Ärger am See: Jugendliche Outdoor-Parties werden in Falkensee zu öffentlichem Ärgernis! erschien zuerst auf FALKENSEE.aktuell.


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