Dort wohnen, wo einmal Geschichte geschrieben wurde: Das klingt doch aufregend. In Nauen wird es schon bald neue Wohnungen im alten Gaswerk geben. Verantwortlich für diesen Wohnungsbau ist einmal mehr die terraplan Baudenkmalsanierungsgesellschaft aus Nürnberg (www.terraplan.de). Sie ist in der Region bereits eine bekannte Größe. So verwandelt das Familienunternehmen gerade das alte Olympische Dorf in Elstal in ein modernes Wohnquartier.
Das alte Gaswerk, nur einen Steinwurf vom Bahnhof Nauen entfernt und direkt an der Graf-Arco-Straße gelegen, war einmal für die Stadt Nauen sehr wichtig. Das heutige Industriedenkmal wurde 1865 eröffnet. Vor Ort wurde Leuchtgas produziert. Das sorgte für Licht in den Straßen, in den Betrieben und auch in den Häusern. Neben der Bahnanbindung war die Gasproduktion ein Grund dafür, dass sich Nauen von der reinen Agrar- in eine moderne Industriestadt verwandeln konnte. 1945 marschierte die sowjetische Armee ein. 1950 hat man Nauen an die Ferngasleitung aus Falkensee angeschlossen. Die beiden Ereignisse kennzeichneten das Ende des Gaswerks.
Bereits 1950 zog dafür die Deutsche Saatgutgesellschaft in die Hallen der ehemaligen Gasanstalt ein. Vor Ort entstand so ein Saatgutlager mit verschiedenen Trocknungs- und Abfüllanlagen. Von diesem Standort aus wurden die LPGs in der Nachbarschaft mit dem benötigten Saatgut beliefert.
Die Saatgutgesellschaft überstand allerdings die Wende nicht. Spätestens 1990 war es vorbei mit der körnigen Nutzung. So wurde die Anlage, die aufgrund ihrer typischen Industriebauweise mit den roten Backsteinen teilweise unter Denkmalschutz steht, über 30 Jahre hinweg ungenutzt dem Verfall preisgegeben.
Heute zeigt sich vor Ort ein erschütterndes Bild. Zerschlagene Fensterscheiben, eine wild wuchernde Vegetation und viele Haufen mit illegal abgeladenem Müll sorgen dafür, dass aus dem ehemaligen stolzen Industriebau inzwischen eine marode Bauruine geworden ist, auf die man in Nauen nicht mehr besonders stolz sein kann.
Das soll sich nun drastisch ändern. Terraplan hat bereits 2018 – gleich nach dem Kauf des 12.000 Quadratmeter großen Areals – erste Gutachter ausgeschickt, um das Gelände zu untersuchen. Die Auswertungen liegen inzwischen vor, die Planungen der Architekten sind weit gediehen und auch ein Bauvorbescheid wurde bereits von der unteren Bauaufsichtsbehörde vom Landkreis Havelland erteilt.
Svenja Loibl von terraplan: „Wir haben ein bauhistorisches Gutachten sowie Gebäude- und Bodenanalysen erstellen lassen. Ein Holzgutachter hat u.a. die Tragwerke auf Holzschäden und Tragfähigkeit hin geprüft. Ein dreidimensionales Aufmaß der Gebäude wurde ganz modern mit Lasertechnik angefertigt. Auch Altlasten müssen noch beseitigt werden. So fällt bei der Gaswäsche in einem Gaswerk immer Teer an. Die Saniering der alten Teergrube vor Ort wird noch einmal sehr teuer werden. Eine Kampfmitteluntersuchung, um die sich die Stadt Nauen im Vorfeld gekümmert hatte, fiel zum Glück negativ aus.“
Nach eigenen Erfahrungen mit einem alten Gaswerk in Oranienburg könnte die Sanierung der Teergrube mit einem sehr hohen Betrag zu Buche schlagen. Das sind sicherlich Kosten, die einen Investor bislang davon abgehalten haben, sich vor Ort zu engagieren.
Terraplan plant nun zusammen mit Klaus Meier-Hartmann und seinem Team von der Firma KMH Architekten (das sind übrigens auch die Architekten des Speisehaus der Nationen im Olympischen Dorf in Elstal) die Umsetzung eines Wohn- und Gewerbequartiers – in Laufentfernung zum Bahnhof und zur Altstadt.
Im ehemaligen Apparatehaus sollen vier Gewerbeeinheiten zur Straße hin entstehen. Rechts neben das Apparatehaus kommt ein einstöckiger, gläserner Neubau, der so niedrig gehalten wird, damit der Blick auf das dahinterstehende Ofenhaus erhalten bleibt. Ein weiterer Neubau in der noch zu begrünenden Innenhofseite soll den ersten Bauabschnitt beschließen. In einem zweiten Bauabschnitt sollen weitere Bauten und eine Tiefgarage für die Mieter entstehen. Auch der unter Denkmalschutz stehende Sockel des Gasometers soll saniert und aufgestockt werden.
Wie im Olympischen Dorf, so entstehen auch im alten Gaswerk unterschiedlich große Wohnungen für Singles, Paare und Familien – für jedes Alter und für jeden Geldbeutel. Besonders gefragt werden sicherlich die Maisonette-Wohnungen direkt unter dem Dach vom Ofenhaus sein.
Svenja Loibl: „Wir bereiten die 26 Einheiten aus dem ersten Bauabschnitt schon jetzt für den Verkauf vor. In diesem frühen Stadium interessieren sich vor allem Investoren für die Wohnungen, die sie später in Eigenregie weitervermieten. Beim Verkauf an die Investoren können wir auf viele Stammkunden bauen, die regelmäßig in neue Objekte aus unserer Hand investieren. Wir haben aber auch immer einen Anteil an Eigentümern unter den Käufern, die später selbst einziehen möchten.“
Im Juli wurde der konkrete Bauantrag für den ersten Bauabschnitt eingereicht. Wann mit den konkreten Baumaßnahmen oder gar mit der Fertigstellung der Wohnungen gerechnet werden kann, das lässt sich in diesem frühen Stadium des Bauvorhabens noch nicht einmal grob über den Daumen schätzen. Auf jeden Fall soll die Entwicklung des Areals in 2022 abgeschlossen sein.
Spätestens dann hat sich ein weiteres historisches Gebäude in Nauen, das über viel zu viele Jahre dem Verfall preisgegeben wurde, in ein neues Wahrzeichen der Stadt verwandelt. (Text / Fotos: CS / Planungsskizze: Bernd Hiepe, Berlin)
Dieser Artikel stammt aus „FALKENSEE.aktuell – Unser Havelland“ Ausgabe 173 (8/2020).
Der Beitrag Wohnen im Gaswerk: Das alte Gaswerk in Nauen soll in Kürze bewohnbar werden! erschien zuerst auf FALKENSEE.aktuell.