Millionen Menschen – vor allem Frauen und Kinder – fliehen zurzeit vor dem Kriegsgeschehen in der Ukraine. In Deutschland gibt es eine große Bereitschaft, diesen Flüchtlingen aus der europäischen Nachbarschaft zu helfen. Mareike Loll aus Falkensee gehört zu den ersten, die eine Familie bei sich Zuhause aufgenommen hat. Sie erzählt von ihren Erfahrungen.
Warum habt ihr euch entschlossen, ukrainische Flüchtlinge aufzunehmen?
Mareike Loll: „Das war ein sehr spontaner Entschluss, über den ich zunächst kaum nachgedacht habe. Der Krieg begann und einen Tag später habe ich meine Familie gefragt, wie sie dazu stehen würde, Ukrainer bei uns aufzunehmen. Alle waren von der Idee begeistert. Seitdem leben bei uns eine Mutter und ihr 11-jähriger Sohn.“
Wie kommuniziert ihr?
Mareike Loll: „Wir sprechen vor allem englisch. Wenn es um komplizierte Dinge geht, hilft uns eine Übersetzer-App – und notfalls nutzen wir Pantomime, Hände und Füße.“
Was muss alles organisiert werden?
Mareike Loll: „Zunächst vor allem Formalitäten wie die Registrierung, der Schulplatz und die Eröffnung eines Bankkontos. Bisher gab es überall viel Unterstützung, auch wenn man manchmal viel Geduld braucht. Aber auch hier gab es schon sehr lustige Situationen z.B. bei der Online-Identifikation bei der Bank, bei der die junge Mutter verschiedene Dinge mit ihrem Pass vor der Kamera machen musste, ich aber nicht übersetzen durfte. Zuletzt habe ich mich um Musikunterricht für den Sohn und einen Zahnarzt für die Mutter bemüht. Hier laufen wir mit unseren Anliegen aber auch in viele offene Arme, es ist ein großes Glück.“
Ihr habt weitere Familienmitglieder bei anderen Falkenseer Gastgebern unterbringen können. Wie ist das gelungen?
Mareike Loll: „Unsere Gäste kamen ja gleich am Anfang und es war schnell klar, dass ihre Eltern und ihr Bruder mit seiner Freundin nachkommen würden. Ich habe einen Aufruf auf Facebook gestartet und unglaublich viele liebe Angebote erhalten. Es war sogar eine alleinerziehende Mutter dabei, die das Kinderzimmer in ihrer kleinen Wohnung freigeben wollte. Das hat mich sehr gerührt. Durch diesen Aufruf sind die beiden Pärchen nun in der unmittelbaren Umgebung untergekommen, was für alle natürlich sehr schön ist. Zuletzt kam nun auch noch ihre beste Freundin an, die wir bei einer befreundeten Familie in der Nähe unterbringen konnten. Wir als Gastgeber sind nun auch alle ein bisschen Familie geworden.“
Was lernt ihr von euren Gästen?
Mareike Loll: „Oh, das ist sehr viel! Vor allem haben sie uns ein für uns bis dato unbekanntes Land näher gebracht. Wir haben viele Bilder gesehen, die unter anderen Umständen große Lust darauf machen würden, die Ukraine zu besuchen und kennenzulernen. Uns war die russische Sprache bisher eher suspekt, auch wenn unsere Kinder sie in der Schule lernen. Durch unsere Gäste haben wir sie ganz anders kennengelernt und hören sie nun sehr gern.“
Wollen eure Ukrainer bleiben oder nach Hause, sobald der Krieg vorbei ist?
Mareike Loll: „Das haben sie noch nicht entschieden. Unserem jungen Gast gefällt es hier sehr gut, weil er statt in der Großstadt im Grünen leben darf. Außerdem ist er sehr glücklich an unserer Schule und hat schon viele Freunde gewinnen können.“
Lernt ihr jetzt die ukrainische Küche kennen?
Mareike Loll: „Ja, wir wurden bereits mehrmals bekocht. Vor allem ein Kartoffelsalat mit dem Namen Vinegret ist sehr lecker! Er wird mit Kartoffeln, Gurken und roter Beete zubereitet und überall in der Ukraine, aber auch in Russland serviert.“ (Text/Foto: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 194 (5/2022).
Der Beitrag Ukrainische Gäste: Mareike Loll aus Falkensee hat Kriegsflüchtlinge aufgenommen! erschien zuerst auf Unser Havelland (Falkensee aktuell).