Das Hansa Café war eine echte Institution in Falkensee. Nun hat Inhaberin Silvia Schmohl (67) es für immer abgeschlossen. Nach 34 Jahren zieht sie einen Schlussstrich unter den Kneipen-, Café- und Disco-Betrieb – und setzt sich zur Ruhe. In die Räume zieht 2023 das vietnamesische Restaurant „Madame Dao“, das zurzeit noch in der Spandauer Straße zu finden ist. Für Bierfreunde wird es nun eng in der Gartenstadt: Auch die „Sport-Klause“ gibt es nicht mehr. Hier übernimmt ein Inder die Räumlichkeiten.
Im November 1988 war es, da stieg Silvia Schmohl als Gaststättenleiterin in das damalige „Jugendcafé“ in der Hansastraße ein. Drei Jahre später kaufte sie das ganze Haus, übernahm die Gastronomie und machte daraus das „Hansa Café“. Beim „Hansa Café“ handelte es sich lange Zeit um die zweitälteste Gastronomie in ganz Falkensee – gleich nach dem „Kronprinz“.
Nun ist Schluss mit dem „Hansa Café“, Silvia Schmohl hat am 3. Dezember zum letzten Mal den Schlüssel im Schloss herumgedreht: „Ich höre auf. Aus Altersgründen. Ich bin ja nun auch schon 67 Jahre alt. Am 3. Dezember haben wir eine letzte Party gefeiert, da waren über hundert Leute da, vor allem Stammkunden. Sie alle haben noch einmal auf einem großen Plakat unterschrieben. Das hebe ich mir auf, das kommt in meine Wohnung. Es ist schon ein komisches Gefühl, dass es das ‚Hansa Café‘ jetzt nicht mehr gibt. Ich habe das ja so lange gemacht.“
Gern erinnert sich Silvia Schmohl an die vergangenen Jahre: „Bis 1997 habe ich ja Freitag und am Samstag weiter die Jugend-Dicso im Haus gehabt. Da bin ich immer um 22 Uhr durch die Räume gegangen und habe alle rausgeworfen, die noch nicht 16 Jahre alt waren. Um Mitternacht gab es einen zweiten Durchgang. Da mussten alle gehen, die noch nicht volljährig waren. Ich habe bestimmt nicht alle erwischt. Aber so waren eben die Regeln damals.“
Im „Hansa Café“ hat ein Dart-Verein, der sogar in der Liga mitgespielt hat, regelmäßig seine Pfeile geworfen. Der Verein hatte zum Üben sogar eigene Automaten aufgestellt. Auch die Lones waren mit ihren Motorrädern im „Hansa Café“ zu Gast. Die Linedancer haben ebenfalls jahrzehntelang im Café ein Zuhause gefunden.
Silvia Schmohl: „Im ‚Hansa Café‘ war immer etwas los. Wir waren damals schon so etwas wie ein soziales Auffangbecken. Ging’s dir beschissen, biste ins ‚Hansa Café‘ gegangen. Da gabs Leute, denen ging es genauso. Das hat geholfen. Unterm Strich muss ich aber sagen, dass ich immer ein gutes Publikum hatte. Da war kein Kruppzeug dabei. Darüber freue ich mich sehr. Meine Stammgäste und ich, wir sind zusammen alt geworden.“
Die Corona-Pandemie hat es auch im „Hansa Café“ ruhiger werden lassen. Silvia Schmohl: „Erst kamen die Lockdowns, dann die Restriktionen. Als wir Gastronomen mit einer 2G-Kontrolle wieder öffnen durften, habe ich das Café weiter geschlossen gehalten. Ich bin doch nicht der Dorfsheriff, ich wollte meine Gäste nicht am Eingang kontrollieren. So hatten wir fast zwei Jahre lang geschlossen. Danach habe ich das ‚Hansa Café‘ nur noch am Montag und am Freitag aufgemacht. Am Montag kamen – wie seit 1997 – immer meine Linedancer, um zu trainieren. Und am Freitag die üblichen Verdächtigen, um etwas zu trinken. Es ist aber so, dass viele Falkenseer in der Corona-Zeit begriffen haben, dass sie einen eigenen Garten haben, und dass es ganz schön sein kann, das Bier gleich an Ort und Stelle zu trinken. Tatsächlich ist es bei uns in der Gastronomie schon lange so: Das richtige Geld, das kannst du nur bei den großen Veranstaltungen verdienen. Ich bin mit dem normalen Café-Betrieb gut über die Runden gekommen und habe meine Ausgaben bezahlen können, mehr war aber nicht drin. Jetzt reicht es dann aber auch.“
Am 10. Dezember stand die Tür zum „Hansa Café“ ausnahmsweise noch einmal offen. Silvia Schmohl hatte zu einem großen Ausverkauf eingeladen. Es kam alles unter den Hammer, was zum Cafe gehörte und nicht mehr benötigt wird. Neben zahllosen lustigen und historischen Schildern waren das vor allem Gläser. Shot-Gläser, Berliner-Weiße-Schalen, Biergläser, Weingläser und hunderte anderer Gläser. Manche Gläser nagelneu, andere schon etwas trübe und angeschlagen, weil sie schon tausendmal in der Spüle waren.
Silvia Schmohl: „Im ‚Hansa Café sind über die Jahre so unglaublich viele Gläser kaputt gegangen. Deswegen habe ich bei jeder Gelegenheit immer wieder neue dazugekauft. Damit habe ich es anscheinend etwas übertrieben. Deswegen habe ich versucht, die Gläser jetzt noch an den Mann zu bringen.“
Klar ist: Das „Hansa Café“ macht zu. Klar ist aber auch: Etwas Vergleichbares wird in die urige Location mit den beiden Räumen und den 180 Quadratmetern Platz nicht mehr einziehen.
Silvia Schmohl: „Ich habe das 1918 erbaute Haus ja 1991 gekauft. Ich wohne über dem Café. Und meine Kinder mit ihren Familien auch. Beim ‚Hansa Café‘ hatte ich es immer selbst in der Hand, wann Schluss und wann Ruhe ist. Das läge bei einem entsprechenden Nachmieter aus dem Kneipen-Milieu nicht mehr in meiner Hand. Hinzu kommt, dass die Stadt mich mehr oder weniger in Ruhe gelassen hat, weil ich eben schon immer vor Ort gewesen bin. Ein Nachfolger aus dem gleichen Bereich hätte es da nicht mehr so leicht.“
Ein neuer Betreiber steht aber inzwischen bereits fest. Das Restaurant „Madame Dao“, das seit 2019 in der Spandauer Straße in Falkensee vietnamesisches Essen und Sushi anbietet, wird in die Hansastraße umziehen. Silvia Schmohl: „Wir haben den Betreibern einen fairen 10-Jahres-Vertrag gegeben. Ab dem Januar 2023 werden sie mit dem Renovieren beginnen. Bis sie fertig sind, wird das aber bestimmt drei Monate dauern.“
Die Versorgung von Falkensee mit Kneipen steht zurzeit unter keinem guten Stern. Die „Sport-Klause“ in der Hertzstraße hat ebenfalls vor kurzem für immer seine Türen geschlossen, hier wird demnächst ein indisches Restaurant eröffnen.
Bleibt in Falkensee als Kneipe fürs gemütliche Bier wohl nur noch die „Elsterklause“ in der Elsterstraße. Hier sagt die Betreiberin Daniela Hochschild ganz klar: „Wir machen weiter.“ (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 202 (1/2023).
Der Beitrag Kneipensterben in Falkensee: Das Hansa Café gibt es nicht mehr! erschien zuerst auf Unser Havelland (Falkensee aktuell).